Texte
FOSBOS Donauwörth wird mit der Europa-Urkunde ausgezeichnet.
Schülerin aus der AG Schreibflow eröffnet die feierliche Veranstaltung mit einem selbst verfassten Gedicht:
Egal aus welchem Land
heute reichen wir uns die Hand.
Grenzen werden nichtig,
denn unser Zusammenhalt ist wichtig.
Alle sollen willkommen sein,
keinen lässt man zurück allein.
Mit Mut, Offenheit und Zivilcourage
überstehen wir auch die harten Tage.
Frieden und Verbundenheit sollten das Ziel sein für alle Zeit.
Von Amelie Heider, B12T2
Gibt es einen Gott?
Ein Essay von Marc Thamm, F13W
Natürlich existiert Gott. Es gibt auf jeden Fall für viele Menschen einen Gott. Existenz muss nicht immer materiell sein, auch immaterielle Dinge existieren und allein dadurch, dass wir uns etwas unter Gott vorstellen, impliziert Existenz. Der Materialismus würde mir die Aussage natürlich streitig machen, weil ich Gott nicht anfassen kann, nicht mit Zahlen messen und nicht sehen kann. Trotzdem existiert er und um es nochmal paradoxer zu machen, glaube ich nicht einmal selbst an Gott. Ich behaupte, dass es ihn nicht wirklich gibt. Ich belege unsere Existenz mit dem Ursache-Wirkungs-Prinzip. Ich glaube aber nicht an Gott als Ursache unseres Universums. Ich glaube aber an einen Gott als Ursache anderer Wirkungen. Obgleich Superman nicht materiell ist, existiert er. Es gibt Superman nicht und trotzdem gibt es ihn und zwar in unserer Vorstellung, in Büchern, Comics und Filmen. Superman ist ein von Menschen erfundenes Etwas und ich vergleiche die Existenz der beiden auf diese Art, weil es auch ohne den Menschen keinen Gott geben würde. Tiere und Pflanzen leben und handeln aufgrund natürlicher Instinkte und Triebe, die Vorstellung von Gott, die Niederschriften und Überlieferungen existieren nur durch Menschen. Und genau wie die von Superman existieren sie. Die Menschen haben sich ihren Gott geschaffen, das wäre tatsächlich auch ohne Feuerbach mein Gedanke. Es gibt diverse Religionen mit unzähligen Göttern und Auffassungen von Gott. Für die einen sind es die Werke Gottes, für die anderen Zufälle, Wissenschaft oder Sonstiges. Was aber feststeht, ist, dass für jeden eine Vorstellung von Gott existiert, sei es für die einen der Schöpfer oder für die anderen eine Erfindung der Menschen. Also selbst für die Menschen, die nicht an Gott glauben, existiert er- wenn auch nur als fiktiver Charakter. Für andere existiert er so sehr, dass sie nur durch ihn friedlich leben können oder etwas bewältigen können. Der Gedanke, dass die kürzlich verstorbene fromme Mutter nun mit Gott ist, ist für manche eine unbestrittene Realität und hilft dem Prozess der Trauer. Andererseits kann man auch Frieden finden, wenn man Gott als Richter betrachtet, der alle Bösen in die Hölle schickt. Der Glaube an Gott hat so viel bewirkt, sowohl positiv als auch negativ, sodass es keines materiellen Beweises bedarf. Gott ist also ohne zu sein. Gott gibt es, ohne dass es ihn gibt. Wenn ich also glaube, dass es Gott gibt, dann als Lösung, als Ursache, als Motivation, als Erzieher und als Richter für sehr, sehr viele Menschen. Jede Frage nach Ungewissem mit der Existenz Gottes zu beantworten, finde ich falsch. Jede Festplatte hat Kapazität, also ein begrenztes Vermögen, genau wie unsere Vorstellung. Und Forschung, Wissenschaft und Erfahrung erweitern diesen Horizont. Ich glaube also nicht, dass Gott die Ursache vom Urknall ist, sondern unsere Kapazität nicht groß genug ist, um die tatsächliche Ursache zu fassen.
Sehnsucht Frieden in Europa
Dystopie: Europa 2081 - Der Preis für meinen Wohlstand
von M.G.
Piep, piep, piep. „Ach, dieses nervige Teil. Ich will nur noch ein wenig länger schlafen“, ist das, was ich mir an diesem Morgen mal wieder denke. Kurz darauf höre ich die allbekannte Computerstimme, welche mich jeden Tag zur gleichen Zeit weckt, sagen: „Aufstehen, Hope. Es ist der 30. Mai 2081 um sieben Uhr. Die Schule wartet nicht.“ Diesen Satz höre ich seitdem ich vor zehn Jahren eingeschult wurde. Um endlich etwas Ruhe zu haben, stehe ich mühsam aus meinem bequemen, großen Bett, welches die weichste Matratze und die schönste Bettwäsche auf dem Markt hat, auf und schalte meinen Wecker aus. Für mich ist mein teures Bett völlig normal. Meine Familie hat viel Geld und mir fehlte es noch nie an irgendetwas. Ich lebe mit meinen Müttern in einem riesigen Haus mit Garten, Pool und Garage, welche als Hobby-Raum genutzt wird. Unsere gesamte Nachbarschaft besteht aus denselben großen weißen Häusern, welche durch eine hohe Mauer von der Außenwelt abgeschottet ist, abgesehen von der Magnetschwebebahn, welche in andere Nachbarschaften führt. Hier leben um die 30.000 Menschen jeder Altersstufe. Die Zone außerhalb der Mauer ist Tabu für uns. Vor allem uns Kindern wird schon von klein auf erzählt, wie schrecklich und gefährlich die sogenannte „Zone“ dort draußen doch sei. Seitdem ich klein bin, wird mir gesagt, dass wenn ich es nicht weit in meinem zukünftigen Job und im Leben allgemein bringe, dann werde ich eines Tages in dieser verarmten, traurigen Welt landen. Kontakt zu den Menschen dort ist uns strengstens verboten. Immer wieder höre ich, dass dort alle kriminell seien, Krankheiten verbreiten würden und einfach nur versuchen würden uns unser Geld wegzunehmen. Ob es hinter der Mauer wirklich so schlimm ist, wie es alle behaupten? Ich denke nicht, aber das Gegenteil zu beweisen, ist für mich auch nicht möglich.
Ich höre mir die neuesten Hits über mein Smartphone an, während ich in meinem Ankleidezimmer das perfekte Outfit aussuche. Wie soll ich mich denn nur entscheiden bei so viel Auswahl? Bunt oder einfarbig, lange Ärmel oder kurze Ärmel, Kleid oder Hose und dann auch noch die Schuhe. Ich stehe vor meinem Schuhschrank und suche mir die neuesten aus. Sie sind knallpink und gerade total im Trend. Alle meine Freunde haben sie. Nachdem ich das perfekte Outfit gefunden habe, gehe ich ins Badezimmer, um mich fertig zu machen, und anschließend dann runter in die Küche, wo mein Frühstück sowie meine Schulbrotzeit fertig auf einer der schwarzen Marmortheken stehen. „Zeig mir die Nachrichten“ ist alles, was es braucht, um unseren Fernseher einzuschalten und die wichtigsten Neuigkeiten zu hören. Es soll heute die Sonne scheinen, in der Nachbarstadt wird ein neues Schwimmbad eröffnet und außerhalb der Mauern hat es mal wieder neue Auseinandersetzungen und Kämpfe gegeben. Puh, zum Glück leben wir getrennt von ihnen. Mit zweimal Klatschen geht das Gerät wieder aus und ich mache mich auf den Weg zur Schule. Meine Eltern arbeiten sehr viel und gehen jeden Tag sehr früh aus dem Haus und kommen oft erst spät zurück, aber naja, so ist das nun mal, oft sehe ich sie weder vormittags noch abends. Wer ein gutes, reiches Leben führen will, muss eben auch hart dafür arbeiten, sonst landet man in der Zone.
Nach dem Verlassen des Hauses drehe ich mich noch einmal um und schaue auf einen kleinen Display in der Wand, welcher mein Gesicht erkennt und die Tür hinter mir abschließt. Der Schulweg dauert nicht lang, vor allem durch den ÖPNV, der sich in den letzten Jahrzehnten um einiges verbessert hat. Alle 10 Minuten kommt die Bahn. An jeder Haltestelle. Das ist ziemlich praktisch, um zur Schule oder zur Arbeit zu gelangen. Und wer nicht mit der Bahn fahren will, fährt mit dem Fahrrad. Meine Eltern haben mir schon öfter von Autos erzählt, welche es noch gab, als sie Kinder waren. Diese sind jedoch seit ein paar Jahrzehnten verboten. Anscheinend waren sie aber sehr schädlich für die Umwelt und um ehrlich zu sein, sehe ich keinen Nutzen mehr für Autos heutzutage. Ich fahre gerne mit der Bahn. Ich stehe also an der Haltestelle und warte, als ich etwas in der Ferne sehe. Ich kann von hier aus die Mauer sehen, hinter welcher sich die Außenwelt verbirgt, allerdings sieht sie nicht so aus wie immer. Ich laufe langsam und vorsichtig von der Haltestelle weg und sehe etwas, was ich für unmöglich hielt. In der Mauer ist tatsächlich ein Loch. Nach draußen! Ich kniee mich schnell hin und schaue durch die Öffnung, doch das, was ich sehe, ist so unerwartet. Ich sehe eine riesige Wiese mit ein paar vereinzelten Bäumen und Büschen. Ich hatte mir die Zone immer als etwas Hässliches vorgestellt mit toten Pflanzen, karg und voller Müll. Ein Ort, an welchem ich unmöglich sein wollte. Doch hinter den Pflanzen geht es weiter und ich sehe einige kleine Hütten. Sie sehen kaputt und unbewohnbar aus. „Ich werde schon nicht lang fort sein“, sag ich zu mir selbst und dränge mich durch das relativ kleine Loch der Mauer. Zum Glück bin ich selbst nicht all zu groß, sonst hätte das nicht funktioniert. Ich drehe mich noch einmal um und schaue, ob mich jemand gesehen hat. Das würde riesigen Ärger für mich bedeuten, aber niemand ist zu sehen.
Und somit beginnt mein kleiner Ausflug zu den Ruinen der winzigen Häuser. Ich laufe über diese Wiese, während ich die Vögel beobachte. Innerhalb der Mauern sieht man sie nur selten. So viele wie hier habe ich noch nie auf einmal gesehen und was ich auch schon immer sehen wollte, sind die ganzen Schmetterlinge, welche hier frei umherfliegen. Von Blume zu Blume. Bei diesem Anblick vergesse ich glatt die Zeit und somit auch die Schule. Daran denke ich gerade überhaupt nicht mehr. Ich nähere mich den Häusern, welche, je näher ich dort hinkomme, immer heruntergekommener aussehen. Ich sehe mich vorsichtig um, da ich die ganzen schrecklichen Geschichten im Hinterkopf habe, welche mir meine Eltern über die Menschen in der Zone erzählt haben. Was, wenn hier doch noch jemand wohnt? Aber unter solchen Umständen? Das kann ich mir kaum vorstellen. Die Wände sind brüchig und bestehen nur aus Ziegeln. Die Fensterscheiben sind teilweise zerbrochen oder überhaut nicht mehr vorhanden. Ich schaue durch eines der kaputten Fenster und sehe etwas, wovon ich nur gehört habe. Dort stehen tatsächlich vier Einzelbetten, vielleicht Kinderbetten, in einem Zimmer. Ich kann mir das gar nicht vorstellen, mein Zimmer mit drei anderen Personen teilen zu müssen. Und dazu kommt, dass dort kein Platz mehr für irgendetwas anderes ist. Keine Spielsachen, kein Fernseher, kein Computer und vor allem sehe ich auch keine Tür, welche zu einem Ankleidezimmer führen könnte. Bloß eine kleine Kommode. Ob sie darin all ihre komplette Kleidung haben? Die paar Schubladen würde ja gerade mal für meine Hosen genug Stauraum bieten. „Ich glaube ich versuche mal einen besseren Blick zu bekommen“, sage ich leise zu mir selbst. Vielleicht haben sie die Tür nicht abgesperrt. Ich gehe also zum Eingang des Hauses und bemerke, dass es dort überhaupt kein Schloss gibt, welches verriegelt werden kann.
Ich öffne also vorsichtig die Tür und betrete das Haus. Ich stehe in der Küche und gleichzeitig im Ess- und Wohnzimmer. Alles sieht so anders aus als ich es gewohnt bin. Alles ist alt. Alles ist kaputt. Vor mir steht eine kleine grüne Couch. Ihr Bezug ist löchrig und die Farbe stark ausgewaschen, als hätte sie wochenlang draußen gestanden. Davor steht ein kleiner Tisch, auf welchem eine kleine Vase steht mit ein paar der schönen Blumen, welche ich auf dem Weg hierher gesehen hatte, auch wenn diese hier schon verwelken. Um den Tisch herum stehen zwei kleine Hocker. Ist das etwa der Ort, an dem sie essen? In der linken Ecke des Zimmers ist ein Bücherregal, welches selbstgebaut aussieht. Ich stehe davor und sehe mir an, was die Besitzer des Hauses denn so lesen und nehme ein Buch aus dem Regal. Es sieht ebenfalls so aus, als hätte es schon viel erlebt. Auf der Innenseite steht ein Name. Das ist der Name meines Nachbarn. Er hatte mir letztens davon erzählt, dass er Bücher aussortiert hatte. Wie ist dieses Buch hierhin gekommen? Haben die Besitzer des Hauses sein Buch gestohlen? Bin ich vielleicht wirklich in Gefahr? Aber wieso ist niemand zu Hause? Wahrscheinlich wohnt hier gar niemand mehr und ich mache mir umsonst Sorgen. Gleich neben der Eingangstür auf der linken Seite ist die Küche. Naja, ein Bruchteil einer Küche: ein sehr kleiner Kühlschrank, eine Theke, ein Ofen mit Herd und ein Waschbecken. Keine Spülmaschine, keine Mikrowelle, keine Kaffeemaschine. Dinge, die ich immer für selbstverständlich hielt. Wie das wohl sein muss, hier aufzuwachsen, ohne Technologien, welche unser Leben doch viel einfacher machen? Am Boden stehen zwei kleine Schüsseln, eine gefüllt mit Wasser und in der anderen sind Reste, welche ich nicht so richtig identifizieren kann, sieht aber nach Fleisch aus. Hier leben also mindestens vier Personen mit einem Hund oder einer Katze. Das Badezimmer ist kleiner als mein Ankleidezimmer. Es hat eine Toilette, ein Waschbecken und eine Dusche, welche durch einen geflickten Vorhang vom Rest abgetrennt ist. Ich sehe nirgendwo Make-Up oder andere Beauty-Produkte, ohne welche ich überhaupt nicht zurechtkommen würde. Das Einzige, was es hier zu finden gibt, sind vier Zahnbürsten. Im Schlafzimmer, welches ich von außen schon betrachtet habe, gibt es tatsächlich nichts außer die Betten und den kleinen Schrank. Keine Spielsachen, keine Bilder, keine Familienfotos. Ich finde das ist ganz schön traurig. Ich liebe die Bilder meiner Familie und meiner Freunde in meinem Zimmer, denn sie erinnern mich an Momente, welche sehr schön waren und ich nicht vergessen möchte. Solche Momente gibt es in der Zone aber wahrscheinlich sowieso nicht.
Ich verlasse das Schlafzimmer und will gerade das Haus verlassen als die Haustür aufschwingt und mich zum Erstarren bringt. „Ist das mein Ende? Werden die Besitzer des Hauses wütend auf mich sein, dass ich hier bin, und werden sie mir etwas antun? Hätte ich die Zone niemals betreten sollen?“, diese Fragen und noch viele mehr schwirren mir in diesen Sekunden im Kopf herum. Ich blicke geschockt zur Tür, als ich auf ein Mädchen treffe, welches mindestens genauso verblüfft aussieht wie ich. Ich sehe außer ihr niemanden. Niemanden außer diesem einen Mädchen, welche ungefähr in meinem Alter ist. Sie trägt alte und kaputte Kleidung, die vermutlich vor Jahrzenten modern war. Die Farben sind verwaschen und das Motiv auf ihrem T-Shirt ist kaum noch zu erkennen.
Mädchen: „Wer bist du und was machst du hier in unserem Haus?“
Hope: „Ich…Ich bin Hope. Tut mir leid, dass ich einfach in das Haus gegangen bin.“
Mädchen: „Und was hast du denn da an? Wo hast du diese teure Kleidung her?“
Hope (zögerlich): „Ich bin nicht von hier. Ich komme aus der Stadt dort hinten.“
Ich zeige mit meiner leicht zitternden Hand in Richtung der Mauer, voller Angst vor ihrer Reaktion. Sie wird mich wahrscheinlich hassen. So wie es uns beigebracht wird, die Menschen der Zone nicht zu mögen, werden sie uns auch nicht leiden können. Ich warte gespannt auf ihre Antwort, als ihre Augen riesig werden.
Mädchen: „Bist du tatsächlich aus einer Stadt der Reichen?“
Sie kommt auf mich zugelaufen mit einem Grinsen und voller Aufregung in ihrem Gesicht. Ich weiß nicht, wie ich reagieren soll. Das ist auf keinen Fall die Reaktion, welche ich erwartet hatte. Mir wurde beigebracht, dass ich überfallen werden würde, nicht dass jemand aus der Zone friedvoll und fröhlich mit mir reden wollen würde.
Hope: „Ja, das bin ich. Ich sah ein Loch in der Mauer und konnte nicht widerstehen. Ich konnte nicht glauben, dass die Welt hier in der Zone so ist, wie es immer alle sagen.“
Mädchen (verschmitzt): „Ach ja? Was wird euch reichen Kids denn über uns erzählt?“
Hope: „Die Erwachsenen berichten immer von der Kriminalität hier. Das ist täglich in den Nachrichten. Außerdem gibt es hier eigentlich keine Chance auf ein glückliches Leben ohne Technologien, ohne genug zu essen und ohne die Möglichkeit hier wieder rauszukommen.“
Mädchen: „Hm. Ja, wir haben hier nicht viele von den Schickimicki-Technologien, die ihr habt und das Essen ist manchmal auch etwas knapp, aber der Rest ist ja totaler Quatsch. Ich habe hier ein glückliches Leben. Ihr, dort hinter der Mauer, seid bloß viel zu verwöhnt, um es wertzuschätzen, was es heißt, nicht viel zu haben und mit dem zu leben, was man hat. In meinem Fall ist das meine Familie und mein Hund. Wir leben schon hier, solange ich denken kann. Klar gibt es hier und da mal Kriminalität, aber was erwartest du, wenn es nicht genug Lebensmittel für alle gibt. Ihr steckt einfach alle von uns in eine Schublade, ohne zu wissen, was hier wirklich abgeht. Ihr lebt im Luxus und wir müssen als Kinder schon arbeiten, einfach nur, dass wir und unsere Liebsten überleben können. Sowas kannst du dir doch überhaupt nicht vorstellen!“
Hope: „Das tut mir leid, ich wusste nicht, dass…“ (wird unterbrochen)
Mädchen: „Und die Nachrichten, welche euch berichtet werden, spielen den Leuten an der Macht doch einfach nur in die Karten. Wieso solltet ihr, Menschen, die alles Erdenkliche haben, jemandem wie mir helfen? Jemandem, der angeblich nur Kriminelles will und versucht euer Leben zu verschlechtern, obwohl ich doch auch nur überleben möchte?!“
Sie ist offensichtlich sehr aufgebracht und ihre Augen werden wässrig. Ich fühle mich so schlecht. Die ganzen Vorurteile, welche ich all diese Jahre hatte. Sie waren alle nicht berechtigt. Ich wünschte, ich hätte sie früher getroffen.
Hope (mit sanfter Stimme): „Wie heißt du denn eigentlich? Das habe ich dich noch gar nicht gefragt.“
Mädchen: „Joy, beschreibt mich eigentlich ziemlich gut.“ (Leichtes Lächeln)
Hope: „Es tut mir aufrichtig leid, Joy. Ich hatte keine Ahnung, wie das Leben in der Zone wirklich ist. Aber ich möchte mehr über dich und dein Leben wissen. Vielleicht kannst du mir noch etwas mehr von hier erzählen und ich erzähle dir von meinem Leben. Ihr wisst wahrscheinlich auch nur die halbe Wahrheit über uns. Ich würde dir und deiner Familie gerne irgendwie helfen.“
Joy: „Ach und deine Familie wäre damit einverstanden? Hast du vergessen, dass ihr unser Zuhause die ‚Tabuzone‘ nennt? Ich bezweifle, dass sie uns helfen wollen und du bekommst einfach nur Ärger, wenn du ihnen erzählst, dass du hier warst.“
Hope (euphorisch): „Vielleicht, aber versuchen will ich es trotzdem. Ich kann nicht mit gutem Gewissen mein Leben weiterleben, als wäre ich nicht hier gewesen! Als hätte ich dich nicht getroffen und die Geschichte aus deiner Perspektive gehört. Wir müssen etwas tun! Wir können die Situation hier bestimmt verändern!“
Joy: „Glaubst du ernsthaft, dass wir zwei irgendetwas an einem Problem machen können, das vor Jahrzehnten entstanden ist? Hast du den Krieg vergessen? Seit Ewigkeiten versuchen die Leute der Zone für mehr Gerechtigkeit, für FRIEDEN zu kämpfen, aber siehst du irgendeinen Fortschritt?“
Mir fehlen die Worte. Ich weiß nicht, was ich antworten soll. So habe ich noch gar nicht darüber nachgedacht. Und dann sagt sie diese verletzenden, jedoch wahren Worte:
„Für uns ist es jetzt schon zu spät. Die Generationen vor uns hätten das hier alles verhindern und für den Frieden einstehen müssen.“
Interview mit Maria Noichl, MdEP zum Thema Vielfalt in Europa
geführt von Julian Riedelsheimer am 22.01.2023
„Die Unterschiedlichkeiten, die ein Ganzes ergeben, das ist für mich Vielfalt.“
J. R.: Zunächst eine ganz allgemeine Frage: Was verstehen Sie unter Vielfalt?
M. N.: Ich würde einfach sagen, Vielfalt ist für mich maximale Unterschiedlichkeit, die aber dann doch zusammen ein Ganzes ergibt. Das ist natürlich von mir selber formuliert, nicht irgendwo herauskopiert, aber Vielfalt zeigt sich für mich darin, dass die Einzelteile unterschiedlich sind, wie bei einem Blumenstrauß, wie bei einer Blumenwiese, aber doch gehören sie zu einem großen Ganzen.
J. R.: Warum sagen Sie, brauchen wir diese Vielfalt?
M. N.: Wir brauchen Vielfalt, weil es Stabilität gibt. Es ist ganz klar, dass vielfältige Systeme stabiler sind, man könnte zum Beispiel den Mischwald aufführen, dieser ist wesentlich stabiler als ein reiner Fichtenwald. Mit stabiler meine ich, stabiler gegen Krankheiten, stabiler gegen Wind, stabiler gegen Hochwasser. Er ist auch erfolgreicher, weil sich die Wurzeln unterschiedliche tief teilen, er kann mehr Nahrung aus dem Boden bekommen. Das heißt, Vielfalt hat auch etwas mit Effizienz zu tun. Eine vielfältige Gesellschaft ist effizienter und stabiler, sie ist natürlich auch interessanter und Vielfalt kann auch dazu dienen, sich abzugrenzen, aber da meine ich nicht negativ abzugrenzen, von anderen, sondern um sich zu finden.
J. R.: Was zählen Sie als Abgeordnete zu Ihren Errungenschaften im Bereich Vielfalt?
M. N.: Vielfalt ist in allen Ausschüssen wichtig. Zunächst ein Beispiel aus dem Agrarausschuss, in dem ich tätig bin: Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass eine große Mehrheit im Plenarsaal dafür gestimmt hat, dass Eigentumsstreuung ein Ziel der EU sein muss, denn eine Gesellschaft ist stabiler, wenn viele Menschen ein bisschen Eigentum haben und nicht, wenn einer alles hat. Natürlich gibt es im Gleichstellungsausschuss auch viele Themen: Nicht mehr nur das Thema Gleichstellung zwischen Männern und Frauen, sondern auch viele andere Ebenen: zwischen Menschen mit und ohne Behinderung, es gibt Menschen vom Land, Menschen von der Stadt, Menschen mit weißer Hautfarbe mit dunkler Hautfarbe und, und, und.
J. R.: Neben den Erfolgen gibt es sicher auch noch weiteren Handlungsbedarf im Bereich Vielfalt?
M. N.: Also ich glaube das Hauptproblem ist die politische Vertretung. Es ist leider immer noch so, dass die Parlamentsmitglieder nicht so vielfältig sind wie die Menschen, die sie vertreten. Im Parlament sind hauptsächlich akademische Menschen und hauptsächlich Weiße. Es fehlen Frauen, insbesondere Alleinerziehende. Es sollte in der Politik auch um Menschen gehen, die beispielsweise Angehörige pflegen, dieses sind aber kaum in der Politik vertreten. Wo sind den Menschen mit migrativem Hintergrund im Parlament, vielleicht auch Hartz-IV-Bezieher im Parlament? Diese Partizipation, da sind wir noch ganz, ganz, ganz weit weg und das muss sich ändern. Das muss uns Parlamentsvertretern auch immer wieder vor Augen geführt werden.
Wir dürfen auf keinen Fall nur ähnliche Menschen vertreten. Es gibt ja dieses Ähnlichkeitsprinzip, wir Menschen sind so gestrickt, dass wir uns oft ähnlichen Menschen näher fühlen. Wir suchen nach Ähnlichkeit. Das ist nichts Böses, bloß es muss mir bewusst sein, wenn im Europäischen Parlament arbeite, dass ich nicht nur Ähnliche vertreten darf, sondern dass sie den Blick auf die Vielfalt nicht vergessen darf. Aber noch besser wäre es natürlich, wenn die Menschen-Vielfalt im Parlament vertreten.
J. R.: Welche Maßnahme fordern Sie konkret und welche Zukunft sehen Sie im Bereich Vielfalt in Europa?
M. N.: Ich fordere in Sachen Vielfalt - und da möchte ich jetzt mal speziell auf das Thema zwischen Männern und Frauen eingehen - Parität. Nämlich, dass wirklich jeder zweite Platz im Parlament für Frauen reserviert ist. Parität wird in Frankreich bereits praktiziert. Die SPD macht zum Beispiel alternierende Listen mit Mann, Frau, Mann, Frau, das ist ein guter Anfang, aber ich wünsche mir eine Struktur, die von sich aus so gestrickt ist, ein Wahlsystem, das so funktioniert, dass automatisch halb Männer halb Frauen herauskommt bei den Parlamentssitzen und das gibt es schon in vielen Ländern der Welt, das ist nichts neu Erfundenes.
J. R.:. Was würden Sie sagen kann der normale Bürger denn machen? Welche Mittel kann man ergreifen, um sich gegen Diskriminierung einzusetzen und für Vielfalt auszusprechen?
M. N.: Ich glaube also als allererstes mal ist es wichtig am Stammtisch und in der U-Bahn, in Schule, im Beruf und beim Mittagessen oder wo auch immer, Position zu beziehen, wenn über Menschen komisch und abwertend gesprochen wird, wenn ihnen das Existenzrecht abgesprochen wird. Außerdem ist natürlich das Hauptpfand, das die Menschen in der Hand haben, die Möglichkeit zum Wählen zu gehen. Die Menschen hatten und haben die Wahl, welche Rolle Transparency, Work-Life-Balance und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf spielen. Vieles in diesem Bereich konnte durch unsere Mehrheit auf europäischer Ebene angestoßen und dann in den Einzelstaaten umgesetzt werden.
[Das Interview wurde für den Wettbewerbsbeitrag gekürzt und überarbeitet.]
Ein Appell für mehr Diversität und Toleranz von Lena M.
Frieden, das wünschen wir uns alle. Dafür ist ein gutes Miteinander wichtig. Jedoch können Kleinigkeiten schon zu Ausgrenzung und Ablehnung führen, Rassismus in all seinen Formen.
Im heutigen Zeitalter muss man bei uns kaum Angst haben, von der Gesellschaft nicht akzeptiert zu werden. Egal ob groß, klein, dick, dünn. Auch die Hautfarbe und das Aussehen spielen kaum noch eine Rolle. Doch das mussten wir alle erst lernen, Menschen zu tolerieren und zu akzeptieren, auch wenn sie nicht ins stereotypische Rollenbild passen. Erst im Schulalter hat man wirklich begriffen, dass es ok ist „anders“ zu sein und sich auszuleben. Erst dort hat man wirklich seine eigene Meinung gebildet und eigene Entscheidungen getroffen.
Im Kleinkindalter werden wir immer noch in Stereotypen gesteckt. Man trägt rosa oder blau, spielt mit Puppen oder Autos. Die Beeinflussung von der Familie ist dabei sehr groß. Alles Ungewohnte wurde erstmal kritisch beäugt. Alles, was man nicht aus dem Alltag kannte, was verunsicherte. So beispielsweise Menschen, die besonders sind, die ein anderes Leben führen als man selbst. Häufig führt das im Grundschulalter schon zu Mobbing und Ausgrenzung.
Warum? Weil wir es als Kind nicht anders kennengelernt haben, weil Kinder, wenn nicht aus eigener Erfahrung, nicht wissen können, dass es in unserer Welt noch viel mehr gibt als „Normal“. Die Kinderbücher, welche sie vorgelesen bekommen, sind doch fast alle in diesen Stereotypen geschrieben: Es gibt eine Mutter, einen Vater, natürlich glücklich verheiratet, man hat ein Geschwisterchen und ein Haustier. Die Kinder, die eine Brille tragen, sind schlau und die Übergewichtigen nun mal nicht. Die Mädchen tragen Kleider, Röcke und „weibliche“ Farben, die Jungs natürlich Hose und Blau. Auch bei den Freizeitaktivitäten wird klar unterschieden. Egal ob Tanzen und Reiten bei den Mädchen oder Fußball bei den Jungs, orientiert wird sich nach wie vor an den klassischen Rollenbildern.
Warum kann man Kindern nicht schon früh zeigen, dass die Welt vielfältig ist und dass es so viel mehr Möglichkeiten für sie gibt, sich zu verwirklichen? Warum darf ein Kind erst im Jugendalter lernen, dass es auch gleichgeschlechtliche Ehen gibt oder Menschen, welche körperliche oder geistige Einschränkungen haben? Warum wird den Kindern so viel von der Welt nicht gezeigt, was sie im späteren Leben doch sowieso kennenlernen werden? Dann kann jedoch das neue Unbekannte einschüchternd und abschreckend sein. Der Mensch ist nun mal ein Gewohnheitstier, welcher neues meist kritisch beäugt und meidet. Es kommt zu Gruppenbildungen und alles, was nicht ins Bild passt, wird ausgeschlossen. Die Toleranz muss sich erst entwickeln, was jedoch unter solchen Umständen stark erschwert wird.
Viel einfacher wäre es doch den Kindern in einem sicheren Rahmen, wie dem Zuhause oder dem Kindergarten zu zeigen, was es in der Welt gibt. Nicht nur unsere vielfältige Tierwelt sollte den Kindern nähergebracht werden, sondern auch die Vielfalt von uns Menschen. Unsere Kinderbücher müssen breiter gefächert werden und unsere Welt besser widerspiegeln. Ein Kind im Rollstuhl, welches genau so viel Spaß beim Spielen hat wie die andern. Oder eine Familie, in der, obwohl sie aus zwei Vätern besteht, leckeres Essen auf dem Tisch steht und die Kinder genauso sehr geliebt werden wie von anderen Eltern.
Das kann alles ganz beiläufig passieren, es muss den Kindern nicht gepredigt werden. So werden diese Dinge gar nicht erst zu „komischen Dingen“, sondern ganz normal.
Und wer jetzt meint, man solle Kinder nicht mit solchen Themen belasten, der weiß gar nicht, wie gut Kinder, vor allem in jungem Alter, mit Unbekanntem umgehen können. Besonders wenn man bedenkt, dass für ein Kind, einen neuen Menschen auf dieser Welt, erst einmal alles unbekannt ist.
Wir sollten den Kindern mehr zutrauen, mit Neuem umgehen zu können und so die Gelegenheit nutzen, ihnen zu zeigen, was Akzeptanz bedeutet. Als nächste Generation müssen Sie den Frieden wahren, in Deutschland, in Europa und der Welt. Lasst uns ihnen zeigen, dass das Aussehen, die Religion, die Herkunft, die Hautfarbe kein Grund für Diskriminierung sind und schon gar nicht für einen Krieg!
Eine Rede über den Frieden von Julian Riedelsheimer
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
„Es herrscht Krieg. Und ich war immer gegen Krieg, weil es einfach war, gegen Krieg zu sein, wenn er weit weg ist. Krieg ist die Kapitulation des Menschen vor sich selbst.“ So begann der Satiriker Christoph Sieber seine erste Sendung nach Kriegsbeginn nach diesem 24.02.2022, nach diesem brutalen Angriffskrieg auf ein friedliebendes Volk. Ein Ereignis, welches wie kein zweites in diesem Moment, in diesem Jahr, in unseren Köpfen ist, unter anderem auch, weil dieser Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine eine Zeitenwende ausgelöst hat – gesellschaftlich, aber auch politisch. Genau weil, wie es der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj vor dem US-Kongress unmissverständlich gesagt hat, „entgegen allen Widrigkeiten und Untergangsszenarien die Ukraine nicht gefallen“ ist. „Die Ukraine lebt und schlägt zurück.“ Dieses Streben nach Freiheit, nach Frieden, diese Entschlossenheit für das Richtige zu kämpfen, beeindruckt uns Tag für Tag. Und ebenso ist es eine ständige Erinnerung, dass es etwas gibt, das nicht selbstverständlich ist - nämlich Frieden.
Nun ist das ein recht ungewöhnlicher Einstieg, wenn ich unter dem Deckmantel des Friedens über einen Krieg mitten in Europa spreche.
Genau, weil Krieg herrscht, ist es passender denn je, darüber zu sprechen. Genau, weil wir in Europa nach zwei verheerenden Weltkriegen erkannt haben, dass es sich in Friedenszeiten besser leben lässt als in Kriegszeiten. „Auge um Auge und die ganze Welt wird blind sein“. Ganz im Zeichen von Mahatma Gandhi wollten wir keinen Krieg mehr. Wir wollten uns nicht mehr die Köpfe einschlagen. Wir wollten stattdessen ein Friedensprojekt starten. Eine politische und wirtschaftliche Gemeinschaft, in der wir uns im Guten Miteinander in Richtung Fortschritt bewegen. Eine entscheidende Lehre aus dem 2. Weltkrieg.
Die Gründung der Europäischen Union zu Wahrung von Frieden und Freiheit.
Was wir dank der EU erleben konnten und können ist der Fortschritt, der mit dem Frieden unweigerlich einhergeht. So werden Kunst, Kultur und Wissenschaft gefördert. Diese Zweige blühen in Friedenszeiten auf. So gibt es dank technologischer Weiterentwicklungen bessere Fortbewegungsmittel wie den Zug oder das Auto. Aufgrund des Fortschritts, Leben wir nicht nur länger, sondern auch gesünder und können Krankheiten durch medizinische Eingriffe bekämpfen. Wir verdanken der Kunst ein Gefühl für Schönheit, die Schönheit der Natur, beispielsweise durch die farbenfrohen Darstellungen in den Kunstwerken weltberühmter Maler wie Leonardo da Vinci, Vincent van Gogh, oder Pablo Picasso - um nur einige der viel zu nennen. Und durch unsere Kultur, unsere Sprache, unsere Traditionen und Bräuche, unsere Musik und unseren Glauben können wir uns untereinander verständigen. Wir können voneinander lernen und einander respektvoll begegnen. Das alles wäre in Zeiten von Krieg, von Hass, Zerstörung und Tod nicht möglich.
Wir stehen ein für den Grundsatz der Gleichberechtigung. Dabei müssen wir Menschen schützen, Minderheiten, die unterschiedliche Gebräuche ausleben, oder ein anderes Sexualleben führen. Aber auch die Mehrheit darf nicht vergessen werden. Sie muss in diesem Prozess mitgenommen werden. Das ist nötig für den Frieden in einer Gesellschaft und zwischen Gesellschaften.
Beachtenswert ist auch die wirtschaftliche Situation von Ländern in Friedenszeiten. Es erschließt sich uns ganz von selbst, dass die Fokussierung einer Gesellschaft, eines Staates auf einen Krieg zu einer ökonomischen Katastrophe führt. So schätzte schon zu Beginn des Ukraine-Kriegs die Weltbank, dass die wirtschaftlichen Folgen für die Ukraine und Russland dramatisch sein werden, was auch eingetroffen ist. Die wirtschaftliche Entwicklung von einem Entwicklungsland zu einer Industrienation verlief in beiden Ländern vor 2014, vor dem ersten Angriff Russlands auf die Ukraine, deutlich besser als es in den darauffolgenden Jahren geschehen ist. Und das ist kein Einzelfall. Historisch gesehen gab es in Folge von Kriegen schon immer diese Nachteile.
Im Gegensatz dazu haben wir die Europäische Union. Unser Friedensprojekt. Eine Wirtschaftsgemeinschaft, in der wir mit Respekt vor der Meinung des Gegenübers des Nachbarn miteinander arbeiten. Stets handel wir dabei auf der Basis von Rechten und Gesetzen, was die Grundlage für ein friedliches Miteinander sein sollte. Und wie ich schon erwähnt habe, ist dies ein Projekt, das ein Exportschlager ist. Und das ist sehr deutlich. Von den einst sechs Gründungsmitgliedern ist die Anzahl auf 27 Mitgliedsstaaten gestiegen, denn es wollen immer mehr Staaten der Europäischen Union beitreten. Staaten wie Albanien, Montenegro, oder Bosnien und Herzegowina aus der Balkanregion, die Türkei aus der Mittelmeerregion, oder Georgien aus der Kaukasusregion. Sie alle wollen teilhaben. Sie alle wünschen die Vorteile des Friedens zu genießen, denn diese sind nicht selbstverständlich.
Doch gerade jetzt, mitten in Europa, sehen wir, dass Menschen dies nicht erleben können. Kulturelle Denkmäler werden zerstört und die ukrainische Bevölkerung muss alles aufopfern, um ihr Land zu verteidigen. Diese Menschen leben in Angst. Nicht nur in diesen Bereichen geht es uns besser zu Friedenszeiten. Gerade jetzt erleben wir es in der Ukraine. In diesem Winter, der von extremer Kälte geprägt ist, sterben Menschen, weil es ihnen am Nötigsten fehlt. Grundbedürfnisse können nicht mehr gedeckt werden. Die Menschen erfrieren aufgrund der fehlenden Energieversorgung durch Angriffe auf die zivile Infrastruktur. Auch die Nahrungsmittel sind knapp und das nicht nur in der Ukraine, sondern auch in anderen Ländern der Welt. Das alles gäbe es durch ein friedliches Miteinander nicht. Zum einen wäre auf der Welt die Nahrungsmittelverfügbarkeit größer und mehr Menschen könnten etwas essen, weil die Ukraine und Russland auch als „Kornkammern Europas“ bezeichnet werden. Zum anderen würde die Ukraine - die sich bis dato selbst mit Nahrungsmitteln versorgt hat – keine Probleme mit der Nahrungsmittelknappheit haben.
Nun, was nehmen wir mit? Ist unsere Sehnsucht nach Frieden nur noch eine Illusion bei all dem Leid? Eleanor Roosevelt, eine der Verfasserinnen der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, drückte es mit Bezug auf den 2. Weltkrieg so aus: „Was können wir aus der Geschichte lernen, wie können wir Situationen meistern, die wir überstanden haben und selbstgefällig so weitermachen, dass dieselben Ursachen immer wieder zu denselben furchtbaren Erfahrungen führen? Jeder der nachdenkt, muss doch den nächsten Krieg als Selbstmord betrachten.“ Auch wenn 2021 eingetreten ist, was keiner gehofft hat und alle nach den Geschehnissen im 20. Jahrhundert schlauer sein sollten, dürfen wir unsere Sehnsucht nach Frieden nicht aufgeben!
Um es mit den Worten von Ehud Barak zu sagen, dem ehemaligen Verteidigungsminister und Premierminister Israels:
Sonst werden „schlimme Dinge passieren, wenn gute Bürger still sind.“
Ein Poetry Slam Text über die Vielfalt Europas von D.W.
Mit einem Volkswagen auf der Autobahn, darauf beißt der Franzose ins Baguette,
die Deutschen hat er nicht besonders gern.
Weiter südlich in Italien schwenkt der Kellner mit den Beinen,
um die Weinbestellung aufzunehmen,
muss er zunächst durch die Gegend fegen.
So schnell unterwegs ist ebenfalls der Schweizer,
der Pisten allerart begeistert.
Wenn es anfängt zu schneien ohne Ende,
nimmt die Temperatur in Moskau auch mal die Wende.
Für eine Tee-Pause sind wir schon im Norden,
hier tragen Royals stolz ihre Orden.
Diese kleine Reise macht uns doch alle klar,
wie schön und bunt `s doch ist unser Europa.
Nur die schönen Farben sind nicht alles,
wenn unser Frieden ist gefallen.
Auf dem Grund gleich bei den Nachbarn,
da kriegen sie alle umeinander.
Wut, Trauer, Verzweiflung sind im Spiel,
doch verstehen wird es ein Mensch nie.
Wieso dann für ein gemeinsames Wohl werben,
wenn unsere Welt liegt in Scherben.
Und die Vielfalt in Europa - sie ist und bleibt bestehen,
aber man solle sie nicht für Böses nutzen,
sondern sie in Frieden ehren!
Kurzkrimis aus der etwas anderen Perspektive
Kurzkrimi von Julian Riedelsheimer
Es war krank. Ich konnte es nicht in Worte fassen. Dem Herr zu werden, schien mir Lichtjahre entfernt. Sie krachte urplötzlich von dem einen auf den anderen Moment auf den Boden auf. 10 Jahre, 10 Jahre tagein, tagaus und keine Beschwerden, wenngleich das Programm stets sehr anspruchsvoll war. Sie war einfach eine Sportlerin aus Leidenschaft, engagiert und erzielte meisterhafte Triumphe bei Wettbewerben. Niemand reichte ihr das Wasser und jetzt ist sie tot. Das gibt einen Aufschrei und zu Recht! Gesundheitliche Probleme gab es nie, die Ernährung war gesund und proteinreich und Ärzte von Berlin bis München teilten mit, dass sie fit wie ein Turnschuh sei. Was für ein Schock jetzt! Vor allem für mich. Ich bin zur selben Zeit wie sie damals in die Fitnessabteilung gekommen und seitdem trainierten wir immer gemeinsam, was jetzt ein abruptes Ende nimmt. Während die Polizei den Tatort schon absichert, rätsel ich immer noch was war. Der Abend verlief wie immer mit dem geplanten Zeitrahmen für alle Trainingsgeräte, nur eines war heute anders: Das Getränk. Sie war begehrt für Werbung und bekam ständig Sportartikel zu Werbezwecken gestellt. Normal hat sie daraus nichts getrunken, aber gestern hat sie ihr Getränk vergessen und sich nichts dabei gedacht, obwohl jeder darauf hätte zugreifen können. Wie auf dem Präsentierteller stand das Getränk da. Als sie davon trank, kam sie wieder zu mir und trainierte weiter für den letzten Marathon ihres Lebens. Sie versuchte es, doch kurz danach ist sie tot umgefallen. Ein rabenschwarzer Tag für den Profisport, auch weil drei ihrer Mitstreiterinnen desselben Sport-Clubs jetzt unter Mordverdacht stehen. Das ist einfach nur krank.
Kurzkrimi von Georg K.
Noch eine Zigarette. Das dürfte die Elfte an diesem Abend sein. Der alte Herr blickt mich mittlerweile nicht einmal mehr an, wenn er mich anzündet. Es ist ihm zweite Natur, den Verschluss in einer Bewegung an der Hose zu öffnen und im selben Ruck das Reibrad auszulösen. Aber dieses Mal ist etwas anders. Sein Rhythmus ist gestört, die Hände zittrig. Er hat mich nicht einmal in die Hosentasche zurückgelegt. Ich habe mich zwar an den Gestank der Benzin versifften Hosentasche gewöhnt, aber ein Wechsel der Szene ist auch angenehm. Ein selten großartiger Ausblick auf dem Armaturenbrett des Audis ist eine seltene Pracht. Auch wenn es die letzten dreieinhalb Stunden nur karge Wüste ist. Er scheint irgendwo abzubiegen, eine Tankstelle so wie es scheint. 5 Kilometer die Straße abwärts. Zu erwarten bei so einem alten Wagen. Jeder Lichtstrahl, der durch den Innenraum geworfen wird, lässt den Armen versteifen. Ohne sein Nikotin wäre der alte Spinner wohl längst kollabiert. Aber dieser Wagen will wohl nicht überholen. Muss wohl auch Tanken. Seltsam kritischer Blick auch. Mit einem Ruck zisch ich einmal über das Armaturenbrett. Muss wohl bereits die Tankstelle sein. Der Kerl von hinten fährt weiter die Straße runter. Will wohl doch nicht tanken? Mir gleich. Instinktiv will der Alte mich greifen, aber erinnert sich schnell, wo er ist. Er ist kein bisschen ruhiger geworden, die ganze Fahrt lang. Man sieht es ihm auch an, so wie er sich an der Zapfsäule anstellt. Gefangen im Tunnelblick. Wie zu erwarten, holt er sich noch 'ne Packung Zigaretten. Wird wohl eine lange Fahrt. Wenigstens leisten mir die rauen Töne des mangelhaft kalibrierten Radios Gesellschaft. Hey, da ist wieder der Kerl von vorhin! Er muss sich wohl doch umentschieden haben. Und noch einer! Wahre Parkkünstler! Schön den Wagen des Alten eingequetscht. Das Radio hat mit ihrer Ankunft auch den Geist aufgegeben und gibt nur noch irgendwelche kaum ausmachbaren Funksprüche wieder. Der Kerl vorne tankt nicht einmal. Ist wohl mit dem ersten unterwegs. Ersterer fummelt mit irgendwelchen Stäbchen an der Tür des Wagens vom Alten rum, während der Zweite zielstrebig in Richtung Kiosk läuft. In der Zwischenzeit hat der Freak es ins Auto geschafft und fummelt im Müll der hinteren Sitze herum, bis er triumphal einen ranzigen Lederkoffer rauszieht. Er thront sich auf den Fahrersitz und lässt den Koffer aufklacken. Die Augen sind erstarrt, als hätte er den Heiligen Gral in der Bundeslade entdeckt. Nur 3 Schüsse ziehen ihn wieder raus seinem Geglotze. Im Kiosk der Tankstelle kann ich niemanden mehr ausmachen, bis auf den Kerl, der dem Alten gefolgt ist. Der Autoknacker erblickt mich und nimmt mich als eine zusätzliche Trophäe mit. Der zweite Kerl reicht meinem neuen Besitzer eine Stange Zigaretten, während er stolz auf den Koffer zeigt. Sie argumentieren kurz in einem slawischen Dialekt und greifen daraufhin zu den Zapfsäulen. Nicht zum Tanken, sie tränken die Umgebung in Treibstoff. Der Audi, die Säulen, sogar das verdammte Scheißhaus. Der Zweite nimmt den Koffer mit und fährt los. Ersterer gibt irgendein Handzeichen, meint wohl, dass er gleich hinterherkommt……
Kurzkrimi von M. G.
„Vergebt mir, ich kann nicht mehr“, hörte ich eine zerbrechliche Stimme sagen. Sie war tief und voller Schmerz, aber hatte gleichzeitig diese Leere in sich. So hatte ich einen Menschen vorher noch nie gehört. Ich konnte ihn sehen, den Mann, welcher sein Herz in einem Abschiedsbrief ausschüttete. Es ist spät in der Nacht, seine Familie schläft. „Was macht er so spät noch auf?“, fragte ich mich. Von meinem Platz auf dem Regal aus, konnte ich sehen, was seine zittrige Hand schrieb. „Meine Depression verschlimmert sich täglich und von den Medikamenten komm‘ ich nicht mehr weg. Es tut mir leid, dass ich nicht der Vater sein kann, welchen ihr verdient. Ihr seid ohne mich doch eh besser dran. Ich habe…“, mehr konnte ich nicht erkennen, da das Papier durch seine Tränen wellig wurde, die Tinte war verschwommen. Als er fertig war mit dem Schreiben, stand er auf, küsste den Brief zärtlich und legte ihn auf den Boden, genau in die Tür, wo er kaum zu übersehen war. Er drehte sich umher und suchte offensichtlich nach etwas, bis seine Augen auf mir landeten. Sein Blick war auf einmal kalt und emotionslos. Er nahm mich vom Regal, schluckte noch eine Handvoll seiner Tabletten und ging mit mir in die Garage. Seine Hände zitterten nicht mehr, er war entschlossen, diese letzten Schritte zu gehen. Er stieg auf einen kleinen, hölzernen Hocker und befestigte mein eines Ende oben an der Decke an etwas, das so aussah wie eine Art Schiene mit der das Garagentor geöffnet wird. Nun verbog er mich und machte einen Knoten, an welchem er schmerzhaft feste zog. Er atmete tief durch und sagte: „Wenn wir uns wiedersehen, eines Tages, werdet ihr sehen, dass es noch schönere Orte gibt als diese farblose Welt. Ich liebe euch, verzeiht mir.“ Er legte mich, nun schlaufenförmig um seinen Hals und zog an mir, sodass ich seinen Hals perfekt umschlang. Dann hörte ich ein lautes, hallendes Geräusch. Der Hocker lag umgetreten auf dem Boden. Ich schaukelte
durch den Rückstoß des Mannes hin und her , welcher nun regungslos an mir hing. Wer hätte gedacht, dass ich, als einfaches Seil, so eine tragische Geschichte miterleben muss.
Kurzkrimi von Lena M.
Ich fühlte mich nass, schmutzig, schuldig. Als ich ihren letzten Atemzug spürte, starb ein Teil von mir mit. Ich konnte nichts tun. Wie denn auch?
Als die Stille den Raum übermannte und ich hoffte, ich hätte mich getäuscht und mir alles nur eingebildet, wurde ich hochgehoben und landete in der Dusche. Ich wusste nicht, was passierte, doch was vor wenigen Augenblicken geschehen war, was ich gesehen hatte, was ich gefühlt hatte, werde ich nie vergessen. Nass regnete das Wasser der Dusche auf mich herunter. Er zog an mir, lief fluchend durch den Raum. Ich sah Tränen in seinen Augen, er bereute es. Wenige Sekunden später war es als wäre plötzlich ein anderer Mensch vor mir. Er stützte sich ans Waschbecken, schaute in den Spiegel, atmete tief ein und verließ entschlossen den Raum.
Es war still. Dunkelheit. Ich weiß nicht, wie lange ich da lag, triefend nass. Plötzlich hörte ich Plastik knistern, schweres Poltern und angestrengtes Stöhnen. Dann fiel die Wohnungstür ins Schloss und es war wieder mucksmäuschenstill. Ich hatte vollkommen das Zeitgefühl verloren. Als langsam die ersten Sonnenstrahlen durch das Badezimmerfenster schienen, hörte ich einen Schlüssel und das Öffnen des Türschlosses. Ich fühlte mich wie erstarrt, als er plötzlich wieder im Raum stand und mich mit einer Flasche Bier in der Hand und einem zufriedenen Grinsen anlächelte. Erst jetzt fiel mir die schwarze Tüte in seiner Hand auf. Als er immer näherkam und nach mir griff, sah ich vertrocknetes Blut an seinen Fingern kleben. Grob warf er mich in die Tüte. Kurz darauf landete noch ein Bettlaken auf mir und die Tüte wurde verschlossen. Während der Sack mit mir von ihm weggetragen wurde hörte ich, wie er redete. Er sprach über sie. Vermisst, so läuft das jetzt also. Glaubt die Polizei ihm? Naja, warum sollten Sie irgendetwas ahnen oder vermuten? Es ist hier in der Gegend nicht ungewöhnlich, dass jemand verschwindet. Ich hörte eine Autotür. Plötzlich flog ich irgendwo dagegen und erneut die Autotür. Der Motor startete und wir setzten uns in Bewegung. Eine gefühlte Ewigkeit später hielten wir an und der Motor ging wieder aus. Stimmen. Ehe ich mich versah, wurde die Tüte wieder bewegt. Nun verstand ich die Stimmen besser. Restmüll? Was? Ich? Bevor ich meine Gedanken sortiert hatte und schreien wollte, spürte ich den Schmerz und wusste, es ist vorbei.
Kurzkrimi von Hannah Jevons
„Was issn hier passiert?!“ Zwei Polizisten bleiben abrupt im Türrahmen stehen und betrachten mit geweiteten Augen das Zimmer. Von meinem Platz auf dem Boden aus kann ich sehen, wie sie sich langsam ins Zimmer begeben. Sie steigen über den umgeworfenen Schreibtischstuhl und achten darauf, nicht auf die verstreuten Spielsachen zu treten. Der Boden mit zerschmetterten Bierflaschen knirscht unter ihren Füßen.
„Kein Wunder, dass das arme Kind nichts sagt. Bei so einem Anblick kann ich mir denken, was hier vor sich gegangen ist.“ Der andere Polizist nickt nachdenklich, „wahrscheinlich werden wir eine Kollegin herholen müssen, um eine Chance zu haben, das genaue Geschehen herauszufinden. So wie das Mädel zurückgeschrocken ist, wird sie vermutlich keinem Mann vertrauen.“
Nach einer kurzen Pause erkundigte er sich, ob es schon Neuigkeiten über den Zustand des Vaters gibt. „Er sollte jetzt im Operationssaal sein. So wie sein Magen ausgesehen hat, werden sie schnell anfangen müssen.“ „Und die Tochter?“ „Die Kratzer an Arm und Gesicht stammen von einer Glasflasche, zum Glück sind nur die Armwunden tiefer, nicht die am Gesicht. Allerdings scheinen ein paar Rippen gebrochen zu sein und einige Splitter wurden in ihren Rücken gefunden.“
Mit einen ungläubigen Schnauben bahnt sich der Polizist den Weg zum Bett. „Kein Kind sollte je so etwas erleben müssen. Wie besoffen muss man sein, dass man sein eigenes Kind verprügelt?“
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Der Gestank von Alkohol steigt mir in die Nase. Ich höre wieder die schweren, unregelmäßigen Schritte, die nur Ungutes versprechen. Sie knarzen langsam die Holztreppe hinauf. Ich bin wieder im Bett und werde zu einen kleinen, zarten Körper gedrückt. Ein zittriges Ausatmen. Der Versuch so still wie möglich unter der Bettdecke zu bleiben. Wie ein Hase, wenn er den Wolf kommen hört.
Die Tür öffnet sich schlagartig und knallt gegen die nebenstehende Kommode. Für einen Moment hält die Welt den Atem an. Dann bricht die Hölle aus. Schreiend und fluchend werden Möbel umgeworfen, Bilder von der Wand gerissen und Flaschen umhergeschmissen. Er wirft eine halbvolle Bierflasche in unsere Richtung und sie zerschellt an der Wand hinter uns. Ein kleiner Aufschrei, als Glas sich in ihren Rücken bohrt, macht ihn wieder auf uns aufmerksam.
Stille kehrt ein. Das einzige Geräusch sind seine Schritte, die langsam näher kommen. Plötzlich wird die Bettdecke weggerissen und Kälte bricht auf uns ein. Dann fängt das Schreien wieder an. Der Vater prügelt auf uns ein. Sie krümmt sich fester um mich und versucht ihre Schmerzensschreie zu unterdrücken. Wir haben früh gelernt, dass diese ihn nur provozieren.
Auf einmal ist das Bett unter uns weg. Er hat sie an den Haaren gepackt und gegen den Kleiderschrank geschleudert. Mit einem dumpfen Schlag landet sie auf dem Rücken. Ein lautes Knacken und ein unterdrücktes Stöhnen. Mit schnellen Schritten ist er wieder bei uns. Die Schläge hageln auf uns herab. Immer und immer wieder. Er greift nach einer Flasche und hebt sie über seinen Kopf. Sie schellt herunter. Zum Glück kickt ihr Instinkt ein und sie hält ihren Arm schützend über ihren Kopf. Glasscherben rieseln auf uns herab.
Durch die abrupte Bewegung werde ich losgelassen und rolle auf den verdreckten Boden. Die Augen des Vaters landen auf mir. Sein Gesicht verzieht sich zu einer hässlichen Grimasse. „Dieses scheiß Ding! Klammerst du dich immer noch an deine nutzlose Mutter! SIE HAT UNS VERLASSEN! NICHT EINMAL DEINE EIGENE MUTTER KANN DICH LIEBEN!“ Er spuckt auf den Boden und fängt an auf mich einzutreten. Sie beginnt zu weinen und bettelt ihn an aufzuhören. Doch das spornt ihn nur weiter an. In einer schockierend geschmeidigen Bewegung schnappt er mich vom Boden auf und reißt mein Bein ab.
Sie schreit. Etwas in ihr bricht. Der Vater lässt mich achtlos los und fängt an sie zu verhöhnen. Langsam richtet sie sich, trotz ihrer sichtbaren Schmerzen, auf. Als sie mithilfe des Schrankes aufrecht steht, ihre Augen von Tränen schimmernd, bemerke ich die kaputte Flasche in ihrer Hand. Ihre Knöchel stechen weiß hervor, als sie ein einziges Wort über ihre Lippen bringt: „Nein.“
Bevor ihr Vater auch nur mit der Hand zucken kann, sticht sie zu. Wieder und wieder. Blut spritzt auf mich herab. Wieder und wieder sticht sie zu. Die Tränen strömen jetzt ungehindert über ihr Gesicht, doch ihre Augen sind tot. Wie in Trance sticht sie weiter auf ihren Vater ein. Er kippt langsam um und landet mit einem dumpfen Schlag. Der Boden knirscht unter ihm und Blut strömt aus seinen Wunden und fängt an eine Lache um ihn herum zu bilden.
Das Kind erstarrt. Mit aufgerissenen Augen schaut sie auf den verunstalteten Körper ihres Vaters. Realisierung leuchtet in ihren Augen auf. Ihre Knie geben nach und sie sinkt auch zu Boden. Sie starrt immer noch auf den zuckenden Körper ihres Vaters, doch ihr Blick ist meilenweit entfernt. Jegliche Emotionen verlassen ihr Gesicht, bis sie nur noch wie eine leblose Puppe aussieht.
Nach einer kurzen Ewigkeit ertönt panisches Klopfen an der Haustür. „Polizei, aufmachen!“
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Beide Polizisten begeben sich in meine Richtung. Einer hebt mich auf und inspiziert mich. „Sein Bein fehlt“. Der andere Polizist schaut sich suchend um. „Da drüben“. Er zeigt auf mein Bein, das ein paar Meter weiter neben den Schreibtisch liegt. „Was hältst du davon, wenn wir ihn reparieren und dann dem Kind zurückgeben? Er sieht geliebt aus“.
Ja, bitte! Ich muss wissen, wie es meinen Kind geht. Ich muss ihren Zustand mit eigenen Augen sehen. Ich muss sie trösten und beschützen.
„Was ist mit dem Blut? Das werden sie doch für die DNA brauchen?“ Ich stöhne innerlich vor Frustration. „Es liegt genug Blut herum, dass wir den armen Teddy dafür nicht zerstören müssen“. Danke, danke. „Na gut. Ich hab das Bein, gehen wir“. Mit den Worten drehen sie sich um und gehen vorsichtig durch das verunstaltete Zimmer.
Ich blicke noch ein letztes Mal zurück und atme erleichtert auf, als sich die Tür hinter uns schließt. Wir sind in Sicherheit.